
Ich gehe davon aus, dass wir alle unsere Kinder lieben und wollen, dass diese glücklich sind oder sich ein glückliches Leben erschaffen. Zumindest geht es mir so und deshalb stelle ich mir so viele unangenehme Fragen und mich meiner Vergangenheit um später nicht dasitzen zu müssen und zu sagen, hätte ich das doch nur früher gewusst. So mache ich jedenfalls auch unbewusst Fehler aber in der Hoffnung die Seele meiner Kinder weitestgehend erhalten zu können.
Jedenfalls wollen wir nur das Beste für unsere Kinder und tun alles dafür, dass sie alle Werkzeuge an die Hand bekommen um sich dies erschaffen zu können.
Wir haben nur ein sehr großes tief in uns sitzendes vergrabenes Problem der Unverbundenheit. Was bedeutet, wir haben Erwartungen und Wünsche an unsere Kinder. Die unbewusst einfach so durch uns hindurch fließen und wir es unreflektiert weiter geben. Es sind leichte, einfach, für uns meist sehr belanglose Handlungen die aber für unsere Kinder von großer Bedeutung sind. Ich spreche von folgenden Sätzen „ Ich möchte, dass du dich alleine beschäftigst. Los jetzt stell dich nicht so an, das kannst du doch schon alleine. Sei nicht so anhänglich, zuhause bist du doch auch anders. Sei lieb. Nicht hauen. Da brauchst du jetzt nicht stehen bleiben und schauen wie der Junge weint. Hör endlich auf mit dem Theater. Tja da musst du nun selbst durch, hab es dir gesagt, dass das schief geht. Geh auf dein Zimmer und wenn du dich beruhigt hast, kannst du wieder kommen.“
Ich denke wir alle kennen den ein oder anderen Satz und haben diesen auch schon unseren Kindern an den Kopf geworfen, vielleicht aufgrund von Überforderung, Hilflosigkeit oder einfach nur aus Unwissenheit.
Was passiert aber nun wirklich in der Psyche unserer Kinder wenn wir ihnen mit diesen Worten, mit dieser Einstellung gegenüber treten. Es ist nicht nur so, dass unsere Bindung und das Vertrauen zwischen uns als Eltern und ihnen einen Knacks bekommt sondern wir stellen gleichzeitig noch sie und ihre Wahrnehmung in Frage.
Das läuft folgendermaßen ab. Dein Kind vertraut dir, dein Kind liebt dich, nur durch dich kann es überleben, nur durch dich begreift es wertvoll zu sein, nur durch dich erfährt es was Liebe wahrhaftig bedeutet.
Nun trittst du mit deinem Kind in eine Interaktion oder ihr habt einen Konflikt, auf was greifst du zurück… genau auf das was du erlebt hast. Auf das wie deine Eltern mit dir umgegangen sind, begleitet von den fast selbigen Gedanken die bereits viele Generationen alt sind aber nie hinterfragt wurden. Wie funktioniert lernen? Klar ich zeige ein Verhalten und wenn ich damit Erfolg habe wird es als positive Erfahrung gespeichert und ich wiederhole immer und immer wieder das gelernte Muster.
Das ist bei Kindern nur etwas schwieriger weil die ersten Versuche sich die Welt aneignen und verstehen zu wollen mit viele Frust, Angst und Hilflosigkeit verbundenen ist. Also brauchen wir Menschen die an dieses Wesen glauben, die bemüht sind, sich in es hinein versetzen zu wollen. Verstehen zu wollen, welche komplexen Prozesse da gerade in unseren Kindern ablaufen. Dass es so viel mehr ist als Belohnung und Bestrafung. Es geht darum sich empathisch einzufühlen, wann Hilfe gebraucht wird und wann diese als übergriffig empfunden wird. Welche Gedanken gerade durch meinen Kopf gehen, wenn eine Situation sich zu spitzt und ich dabei bin meine Verantwortung für mein dysteguliertes Nervensystem auf mein Kind zu übertragen.
Oft vergessen wir, weil wir nicht bei uns sind, weil wir uns selbst nicht fühlen können, dass unsere Kinder in puncto Erfahrungen ein leeres Blatt sind. Da ist nichts da außer ein gewisses angeborenes Temperament und das war es auch schon. Dass etwas weh tut, erleben sie in der Interaktion mit anderen Menschen. Ebenso, dass Selbstregulation wahnsinnig komplex ist und es Jahre dauert bis diese Erfolge zu spüren sind sollten wir uns immer wieder in unser Bewusstsein rufen. Ein Kind dazu zu zwingen sich bei einem anderen zu entschuldigen, bedeutet einfach nur ich übe unbewusst Macht über mein Kind aus und das einfach nur weil ich es kann. Mein Kind lernt dabei absolut nichts außer, dass wir als Eltern von ihm oder ihr ein Verhalten abverlangen wofür ihr Bewusstsein einfach noch zu unterentwickelt ist.
Viel wichtiger ist, die Urteile über unsere Kinder sein zu lassen und in die Welt ihrer Gefühle einzutauchen. Empathie entsteht wenn ich sie begleite wenn ich sagen „ schau mal, bitte schau hin. Siehst du die Tränen? Was fühlst du, wenn du deinen Bruder nun anschaust? Was macht das mit dir? Und es damit sein zu lassen. Manchmal braucht es nicht mehr als die Gegenwart des bewussten Moments in dem die Gefühle fließen dürfen.
Und nun zum Schluss. Wie wollen unsere Kinder Glück empfinden wenn wir es nicht schaffen mit ihnen bewusst im Moment einzutauchen. Nein es geht nicht darum stundenlang mit ihnen tief verbunden auf Schatzsuche zu gehen, Eisenbahn oder Prinzessin zu spielen sondern ihnen ganz bewusst 30 Minuten meiner kostbaren Aufmerksamkeit zu schenken. Nichts macht einen wütender, aggressiver und hilfloser als ein Mensch der angibt Interesse zu haben und du selbst aber genau spürst, dass dies nicht der Fall ist. Du spürst Distanz, Widerwillen, Kälte anstatt Wärme und traust aber diesen Gefühlen nicht, weil die Worte etwas komplett anderes mitteilen.
Unsere Kinder wollen immer und zu jederzeit mit uns verbunden sein. Das liegt in ihrer Natur. Sie brauchen Sicherheit (Bindung) um ihre Autonomie entwickeln zu können, sowie echte authentische Menschen die sich ihrer selbst bewusst sind um sie nicht zu manipulieren oder das Kind als Ersatz für fehlende Anerkennung und Liebe zu benutzen. Dabei geht es nicht immer darum ja sondern auch mal nein zu sagen, wenn ich wirklich nicht will und absolut keine Lust habe. Das ist vollkommen normal und dennoch ist mir bewusst, wenn ich jetzt nein zu ihnen und ja zu mir sage, werde ich im Anschluss mit ihnen in ihre Welt eintauchen.
Wenn dein Kind vor dir steht und um Hilfe bittet macht es das einige Male und dann war’s das. Es hat gelernt, dass dir das Gespräch, das Handy, die Arbeit, der Haushalt, die Nachbarin oder die Serie wichtiger ist als es selbst.
Ja, Kinder zu begleiten ist anstrengend, nervig und wahnsinnig fordernd aber uns ist auch bewusst, dass dies nicht ewig so sein wird. Dann gehen sie, dann ziehen sie los mit einem voll bemalten Blatt, welches ihr gemeinsam gestaltet habt. Worauf steht, dass es vertrauen zu dir, zu der Welt, zu fremden Menschen entwickeln konnte. Dass Menschen gut sind, dass sie helfen können, dass jeder Fähigkeit besitzt die dazu dienen ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Unverbundenheit, schafft Unverbundenheit. Misstrauen, Angst, Abgrenzung, Schutz usw. aber das sind alles Gefühle und Erfahrungen die mit unserem Trauma zusammen hängen. Das alles hat einzig und alleine mit mir selbst zu tun. Klar kannst du nun sagen, das ist Quatsch und füllst weiter der Rucksack deines Kindes mit deinen Problemen oder aber du bist mutig, fängst an hinsehen und hinspüren zu wollen und erschaffst euch eine neue bewusste Begegnung.
Spätestens in der Pubertät wird ersichtlich werden wie eng euer Band gewebt ist. Wie bewusst du dich mit deinem Kind auseinandersetzen willst. Ob es dir vertraut und mit seinen Problemen zu dir kommt oder sie/er es versucht alleine zu lösen, weil es erstens weiß, dass du es nicht verkraften wirst oder zweitens euer Vertrauen bereits jetzt so zerstört ist, dass ihm oder ihr bewusst ist, dass da absolut keine Hilfe, außer Bestrafung, zu erwarten ist.
Das Leben besteht aus so viel mehr als das was du glaubst zu wissen wenn du nicht bereit bist dich kritisch dir selbst zu stellen und den Mut hast alles einmal zu hinterfragen. Denn wenn du das alles weißt und dennoch die Angst größer ist anstatt ins Handeln zu kommen überlege dir gut ob du dein Kind weiter mit den Worten „ ich habe dich so lieb, ich liebe dich oder ich bin so glücklich, dass es dich gibt“ manipulieren willst. Denn es gibt für ein Kind nichts schlimmeres als doppeldeutige Botschaften in Form von „wenn sie mich lieben warum werde ich dann so von Ihnen behandelt?“