Trigger und Wut

„Ich will die Bionade aber für mich alleine haben“, schreit mich mein großer Sohn an. Die Augen sind groß. Die Pupillen offen und der Körper ist angespannt, voller Wut und Zorn. „Er muss gerade seine Autonomie (Selbstwirksamkeit) wahren,“ erklärt mir eine Stimme in meinem Kopf.

„OK das verstehe ich, dass du das willst und dennoch sieht es wie folgt aus… Wir haben hier noch genau zwei Flaschen und wir wollen alle etwas davon haben.“

Also öffne ich die zweite Flasche und schenke das Getränk in zwei Gläser. „So nun brauchen wir auch noch etwas aus deiner Flasche“ höre ich mich sagen.

„Nein, die gehört mir!!!!“ Und presst die Flasche ganz fest an seinen Körper. Ich merke das ist gerade zu viel und ich kann es nicht mehr begleiten. Ziehe mich also aus der Verbindung innerlich zurück. „Bleibe ruhig, atme Isi atme, es ist nur dein Kind“, begleite ich mich dabei selbst

Ich atme, höre mir zu und mein Körper entspannt sich. „Weißt du, morgen können wir wieder neue Bionade kaufen, heute müssen wir uns die teilen. Bitte, wir wollen alle etwas davon haben.“

„Nein die gehört mir.“ Antwort mein Sohn darauf und nun setze ich mich hin. Spüre den Prozess ganz aktiv in meinem Hirn, wie sich dort alles abschaltet und ich mit meinem Überlebenamodus von Wut und Kampf beginnen möchte.

Früher hätte ich nun einfach geschrien, ihm die Flasche aus der Hand gerissen und die Schuld erst einmal meinem Sohn gegeben weil er so „Dickköpfig“ ist. Heute sehe ich meine eigene Sturheit die auf Grundlage meines Nervensystems in dem Moment verursacht wurde, da ich bereits zu sehr in der Emotion gefangen war um rational eine Lösung finden zu können.

Also setzte ich mich hin. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich hielt eine Hand mit der anderen fest . Alles in meinem Körper begann sich zu verkrampfen. Mein Bauch. Mein Becken. Mein Oberkörper kippte leicht nach forn. Mein Kiefer. Alles war bereit zu kämpfen. Zu Kämpfen um einen Schluck von der Bionade zu ergattern. Nein es war nicht die Bionade sondern die viele Kooperation und die aus meiner Sicht wenige Selbstwirksamkeit die ich mir in diesem Moment mir ein redete. Meine Überforderung als Mama und die Hilflosigkeit nun nicht zu wissen was ich in diesem Moment tun soll, weil ich es als Kind nie erfahren habe wie Konflikte friedvoll gelöst werden können.

“ Was ich alles für euch tue. Ihr wisst gar nicht wie gut ihr es habt. Immer das selbe Drama. Ach hau doch ab und geh in dein Zimmer. Ich will euch nicht mehr sehen. Es wird immer schlimmer, es kotzt mich so an!!!!“ Alle möglichen Anteile und Täterintrojekte lieferten sich in mir einen Schlagabtausch und ich saß da, einfach nur da und hört ihnen zu. Mein Blick starr auf das „G“ von Gauda gerichtet dessen Größe und Farbe mir mit der Zeit immer intensiver vorkam.

Bis plötzlich in mir eine Tür aufging und etwas verletzliches, junges, kleines in meinem inneren zum Vorschein kam welches flüsterte “ Mama, ich hätte dich doch einfach nur gebraucht, Mama. Ich wünschte du hättest mich damals einfach nur begleiten und in den Arm nehmen können anstatt mich die vielen Male abzustrafen, so dass ich vor mir selbst Angst bekomme und kein Vertrauen zu dem Menschen aufbauen kann der ich selbst bin. Ganze einfach, weil ich mich selbst und mein Verhalten nicht verstehe und dadurch nicht beeinflussen kann.“

Tränen fließen über mein Gesicht. Der Schmerz breitet sich im Körper aus. Die Härte weicht. Alles beginnt zu fließen und will aus meinem Körper heraus.

Ich möchte einen Zugang zu mir. Zu meinem wahren selbst und nicht wie ein Roboter das ausführen und weiter geben was mir damals widerfahren ist und mit der Zeit gelingt es mir immer besser mich mir selbst zuzuwenden anstatt die Energie ausagieren zu müssen, die sich in meinem inneren zu mobilisieren beginnt.

Das alles ist ein Prozess und wir müssen viele Male hinfallen, bis wir den Zugang zu uns wieder erlangt haben, denn es war auch damals von uns, als Kind, eine Entscheidung uns von unserem Körper und dessen Emotionen zu trennen, weil die Erziehung solche Wunden in uns und in unserem inneren hinterlässt. Ein Mensch ist nun einmal mehr als das Verhalten welches er in seiner Not zeigt.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s