
Wir alle leben in einer Welt der eigenen Vorstellungskraft, die wir einst selbst erschaffen haben. Ich bin nicht ich, nur weil sich mein Körper mittlerweile weiter entwickelt hat. Weil er angeblich erwachsen geworden ist. Aber was ist mit meiner Psyche, mit meinen Denkstrukturen, Glaubenssätzen, Werten, Mustern und Prägungen.
Wo steckt der Schmerz aus der Kindheit? Hat er sich auf einmal aufgelöst? Wohin ist er gegangen? Weil wir denken, dass jemand anderes nicht mitbekommt wie es in unserem Inneren aussieht! Wie ich denke, wie ich fühle, wie viel Scham und Schuld sich in meinem Körper mittlerweile manifestiert hat.
Sich damit auseinander zu setzen ist unangenehm. Das tut weh. Das wollen wir weg haben. Das soll gehen.
Wie soll etwas gehen, dass wir nicht betrauert haben. Es ist ein Teil von mir. Es ist ein Teil meiner Geschichte. Es ist ein Verhalten das gewertschätzt werden sollte, denn es hat mein Überleben gesichert auch wenn es nun mein Leben in einer gewissen Struktur stört. Dieser Teil gehört zu mir. Er ist ein Teil von mir. Er muss gesehen, geachtet, geliebt und sich wertgeschätzt fühlen. Dann erst kann der Frieden einkehren.
Aber wer von uns befasst sich gerne mit diesen schweren Gefühlen, denen wir endlich entkommen konnten. Die wir endlich glauben im Griff zu haben, ihnen nicht mehr ausgeliefert zu sein. Wir haben überlebt. Weil wir verdrängen und Persönlichkeitsanteile von uns abspalten mussten. Also laufen wir im Autopilot, im Funktionsmodus durch die Welt und haben das Gefühl alles soweit im Griff zu haben.
Das können wir machen. Das geht. Dann lebt ein Teil von uns und der Andere wurde irgendwann einmal eingesperrt und betäubt. Er sitzt tief unten im Keller. Es ist der Teil von dir der dich selbst davon abhält, dich selbst anzunehmen, zu lieben, Verständnis mit dir zu haben. Es ist der Teil der immer wieder hoch kommt weil er gesehen und gehört werden möchte, von dir und von niemand anderem.
Wenn wir uns diesen Teilen nicht bewusst widmen wird es immer der Selbstanteil sein, den wir hassen, den wir weg haben wollen, der uns daran hindert uns als das anzuerkennen und zu lieben, was wir letzten Endes sind, Menschen mit einer wundervollen Seele die einst vergessen und tief verletzt wurde. Von uns selbst, weil wir Rückschlüsse aus der Spiegelung unsere Eltern gezogen haben und von niemand anderem sonst. Die so bedürftig und traurig sind, dass wir große Angst davor haben ins Fühlen zu kommen.
Denn dann würde er hochkommen der Schmerz die Traurigkeit, die Wut, die Ohnmacht, all das was wir nicht fühlen möchten.
Susanne Hühn beschreibt diesen Prozess als so genannten Imago Porzess in dem die Raupe sich während der Verpuppungsphase ins Nichts auflöst. Da gibt es weder Raupe noch Schmetterling es ist ein Gemisch aus Zellen die sich von einer Materie in einen neuen Zustand verwandeln. Das kann unser Verstand nicht begreifen. Diese Vorstellung alles komplett aufzugeben, die Kontrolle loszulassen, sich dem Leben und der freien Führung hinzugeben braucht Mut, unendlich viel Mut und Vertrauen darin, dass das Leben es mit jedem Menschen gut meint.
Es will uns aus unserem Kokon herausholen. Es will, dass wir unsere Verantwortung für unser Handeln für unsere Macht zurückholen. Wir sind nicht ausgeliefert, wir entscheiden uns dafür uns ausgeliefert fühlen zu wollen. Aber das ist eine Entscheidung die wir treffen, ein Zustand den wir verändern könnten, wenn wir aufhören zu kämpfen und ihn annehmen auch wenn es bedeutet ihn durchfühlen zu müssen.
Du entkommst dir nicht. Du entkommst nicht deinen Gedanken, deinen Glaubenssätzen, deinen Prägungen, deinen Strukturen, deinem vorletzten inneren Kind.
Es ist da. Es steuert dich so lange wie du deine Situation, deine Lebensumstände nicht sehen, nicht annehmen, nicht lieben kannst um daraus hinaus zu wachsen. So lange du dich weigerst, so lange du dich währst, so lange du weiter vor selbst davon läufst bleibt es da, erhalten in dir, denn alles „Ist bereits da“. Es ist in deinem Körper, auch wenn du es nicht fühlst.
Du brauchst sehr viel Energie um das alles außerhalb deines Bewusstseins zu halten. Deshalb dreht sich das „Rad des Leidens“ immer weiter. Es braucht noch mehr Druck, noch mehr Schmerz, noch mehr Leid, noch mehr Überforderung um dir irgendwann freiwillig selbst zu begegnen. So lange lebst du im Selbstbetrug und du legst, dir das Leben zurecht wie du es haben willst, auf Kosten von anderen geliebten Menschen. So lange kannst du kein Paradies auf Erden erschaffen. So lange gibt es Leid und Krieg, weil wir nicht fühlen, was wir täglich anderen Menschen (besonders unseren Kindern) an Schmerzen unbewusst zufügen.